Im Einsatz für den Datenschutz: Shane McNamee, Chief-Privacy Officer bei AVAST
Shane McNamee ist Chief Privacy Officer bei Avast und verantwortlich für die globale Datenschutzstrategie. Zuvor war er in verschiedenen Positionen in der akademischen und regulatorischen Welt tätig, wo er u.a. akademische Artikel und öffentliche Vorträge über digitalen Verbraucherschutz verfasste und mit der irischen Datenschutzkommission zusammenarbeitete. Seine Mission ist es, Systeme zu schaffen, die digitale Bürger effektiv schützen und stärken und das Bewusstsein für den Datenschutz zu stärken. Bei Twitter findet man ihn unter @ShanePMcNamee.
Fülle die Lücke: Privatsphäre ist ________.
Privatsphäre ist ein grundlegender Aspekt der Menschenwürde.
Warum ist dir der Schutz deiner persönlichen Daten wichtig? Beruflich und im Privatleben?
Wie ich gerade erwähnt habe, sehe ich die Privatsphäre als grundlegend mit dem Konzept der Menschenwürde verbunden. Es geht um viel mehr als nur um Daten in einem rein wirtschaftlichen Sinne, und es geht nicht wirklich um “Eigentum”. Stattdessen geht es bei Privatsphäre und Datenschutz um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Dinge, die man online tut und sagt, sind Teil von einem, Teil der persönlichen Identität, und verdienen daher einen Schutz, der weit über Eigentumsrechte hinausgeht. In meinem persönlichen Leben halte ich das für wichtig, weil ich möchte, dass Organisationen klar und ehrlich darüber kommunizieren, welche persönlichen Daten sie von mir sammeln und wie sie sie verwenden. Darüber möchte ich so viel Kontrolle haben, wie möglich.
In meinem Berufsleben – und das gilt sowohl für meine frühere Arbeit im akademischen Bereich und in der Regulierung als auch für meine derzeitige Arbeit im privaten Sektor – möchte ich dazu beitragen, ein digitales Ökosystem aufzubauen, in dem den Bürger*innen diese Transparenz und Kontrolle konsequent geboten wird. Ich möchte auch, dass Organisationen verstehen, dass Datenschutz nicht nur wichtig ist, weil er gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern weil es im Endeffekt tatsächlich um Menschen geht und um deren Menschenrechte und Würde als digitale Bürger*innen.
Was macht ein “Chief Privacy Officer”? Was ist deine Funktion bei Avast und wie arbeitest du mit dem Team zusammen?
Was genau ein Chief Privacy Officer (CPO) macht, kann von Organisation zu Organisation variieren, aber normalerweise ist es jemand, der innerhalb der Organisation für die Entwicklung und Implementierung von Richtlinien verantwortlich ist, die dazu dienen, die Privatsphäre und die Datenschutzrechte von Mitarbeiter*innen und Kund*innen zu schützen und zu verteidigen.
Ich bin im Kern ein Vertreter für Verbraucherdatenschutz, also versuche ich, die Stimme der Menschen zu sein, die unsere Dienste nutzen, und ihre Datenschutzinteressen zu vertreten. Mein Ziel ist es, meine Kolleg*innen bei Avast mit Beratung und Training in ihrer Arbeit zu unterstützen, um sicherzustellen, dass unsere internen Prozesse den Datenschutz in ihrer DNA haben. Unsere neu entwickelten Produkte sollen die Privatsphäre unserer Nutzer*innen sowohl schützen als auch verbessern. Mein Ziel ist, neue Wege zu finden, um Informationen und Kontrolle wieder in die Hände der Nutzer*innen zu legen.
Das bekannteste Produkt von Avast ist eine Antiviren-Software. Wie viele Cyberangriffe gibt es im Durchschnitt jeden Tag/Monat und habt ihr im letzten Jahr einen Anstieg der Angriffe verzeichnet?
Im Durchschnitt schützen wir jeden Monat Anwender*innen vor über 1,5 Milliarden Malware-Angriffen und über 300 Millionen Besuchen auf bösartigen Websites. Ich habe keine genauen Angaben darüber, wie sich dies im vergangenen Jahr verändert hat, aber wir haben bestimmte Trends festgestellt, wie beispielsweise im Jahr 2021 eine Zunahme von Ransomware, Stalkerware und Phishing im Zusammenhang mit COVID-19 und Remote Working. Dies unterstreicht die Wichtigkeit und Schwierigkeit, die Sicherheit und Privatsphäre zu schützen, wenn solch ein großer Teil unseres Lebens online stattfindet.
Avast bietet u.a. eine Software an, die Internetnutzer*innen bei der Abwehr von Viren und Malware unterstützen soll, aber ihr informiert zunehmend über die Wichtigkeit von Privatsphäre und Datenschutz im Netz. Wieso gehören diese Themen zusammen?
Avast hat eine lange Geschichte in der Welt der Cybersicherheit, die bis in die frühen Tage der Computerviren in den späten 1980er Jahren zurückreicht. In den letzten Jahren haben wir uns jedoch zunehmend auf den Datenschutz, neben der Cybersicherheit, konzentriert, weil wir erkannt haben, dass Datenschutz und Sicherheit sehr eng miteinander verbundene Konzepte sind.
Eines der Hauptrisiken, das mit einer Sicherheitsverletzung verbunden sein kann, ist das Risiko, dass die privaten Daten von Menschen offengelegt werden. Ebenso ist eines der Grundprinzipien des Datenschutzes die Datensicherheit und -integrität. Immer mehr Aspekte des täglichen Lebens finden online statt, und mit dem Wachstum von Big Data brauchen digitale Bürger*innen Werkzeuge, um sowohl ihre Sicherheit als auch ihre Privatsphäre online zu schützen.
Dies ist einer der Gründe, warum wir jetzt Produkte und Dienstleistungen anbieten, die speziell darauf abzielen, Kund*innen die Kontrolle über ihre Online-Privatsphäre zu geben, wie z. B. den Avast Secure Browser, Avast SecureLine VPN und Avast AntiTrack.
Was ist eine weit verbreitete Annahme über den Datenschutz, die du gerne eine für alle Mal aus der Welt schaffen würdest?
Hmmm, wie viel Zeit habt ihr? Ich könnte wahrscheinlich mit einer ganzen Liste aufwarten! In meinem früheren Job als ‘Head of Guidance and Policy’ bei der irischen Datenschutzkommission (DPC) musste ich regelmäßig mit Datenschutzmythen aufräumen, es ist also fast ein Hobby von mir. Wenn ich mich nur auf eine konzentrieren müsste, würde ich gerne mit der weit verbreiteten Annahme aufräumen, dass Datenschutz schlecht für‘s Geschäft ist. Manche denken, dass es beim Datenschutz nur darum geht, was man nicht tun darf und sehen ihn als bürokratische Hürde an. Beim Datenschutz geht es nicht darum, ‘Nein’ zu sagen, sondern darum, ‘Wie können wir das besser machen? Datenschutz hemmt keine Innovationen, sondern ermutigt zu besserer, die Privatsphäre achtender Innovation.
Was würdest du Internet-Nutzer*innen empfehlen, denen Datensicherheit und Datenschutz wichtig sind. Was sind deine Lieblings-Tools, Tipps und Tricks?
Ich denke, der wichtigste Tipp ist, sich immer ein paar Minuten Zeit zu nehmen, um sich die Datenschutz- und Sicherheitseinstellungen des Geräts anzusehen, mit dem man auf die Online-Welt zugreift. Werft einen Blick auf die Browser-Einstellungen und ändert diese vielleicht, wenn ihr einen neuen Browser installiert. Überprüft die Datenschutzeinstellungen eures Geräts auf iOS oder Android und stellt sicher, dass das Ad-Tracking deaktiviert ist, wo immer dies möglich ist. Es ist besonders wichtig, die Einstellungen jedes neuen ‘smarten’ Geräts zu überprüfen. Man vergisst leicht, wie viele persönliche Daten von IoT-Geräten weitergegeben werden können. Auf unserem Avast-Blog findet ihr viele Tipps, wie ihr sicher und privat online surfen und agieren könnt.
VPNs sind nützlich, um es schwieriger zu machen, eine Person online zu identifizieren; sichere Browser können vor dem allgegenwärtigen Ad-Tracking schützen. Zusätzlich gibt es spezielle Software, die dabei hilft, Tracking wie ‘Fingerprinting’ zu verhindern. Wie ich bereits erwähnt habe, bieten wir bei Avast all dies als Teil unseres Datenschutzportfolios an. Es gibt eine ganze Reihe guter Anbieter am Markt und es lohnt sich, sie auszuprobieren, um zu sehen, was für einen selbst am besten funktioniert.
Welche Personen oder Organisationen haben dich ermutigt und/oder inspiriert, dich dem Schutz persönlicher Daten zu widmen?
Am meisten hat mich die Arbeit von NGOs und zivilgesellschaftlichen Organisationen inspiriert, die sich für den Schutz und die Durchsetzung von digitalen Rechten einsetzen. Damals, als ich an der Forschungsstelle für Verbraucherrecht an der Universität Bayreuth gearbeitet habe, arbeitete ich mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) zusammen. Ich war von der Bandbreite der verschiedenen Themen sehr beeindruckt, mit denen sie sich beschäftigen und wie effektiv sie sein können, indem sie das Bewusstsein schärfen und wichtige Gerichtsverfahrenin Gang setzen.
Andere Organisationen, deren Arbeit mich ermutigt und inspiriert hat, sind die Electronic Frontier Foundation (EFF), vor allem in Bezug auf politische Themen in den USA; European Digital Rights (EDRi), die Bürger- und Menschenrechtsorganisationen aus ganz Europa zusammenbringt, um Rechte und Freiheiten in der digitalen Welt zu verteidigen. In meinem Heimatland sind es v.a. Digital Rights Ireland (DRI), die an wirklich bedeutenden Kampagnen und Gerichtsverfahren beteiligt sind und das Irish College of Civil Liberties (ICCL), das sich unermüdlich für einen angemessenen Schutz der bürgerlichen Freiheiten im Internet einsetzt.
Startpage ist die erste Datenschutz-Suchmaschine der Welt! Nutzt du alternative Suchmaschinen und was sind Funktionen, die du dir von einer solchen wünschen würdest?
Ich benutze eine Reihe von verschiedenen Suchmaschinen – ich sollte wahrscheinlich nicht genau sagen, welche, oder eine bestimmte empfehlen – weil ich denke, dass es viel besser ist, eine Auswahl als nur einen Favoriten zu haben. Einige Suchmaschinen haben besondere Eigenschaften, die ich mag, wie z.B. einen starken Schutz der Privatsphäre, einfache Bedienung, Effektivität für bestimmte Arten von Suchen (z.B. thematisch oder regional), und sogar Geldspenden für gute Zwecke.
Ich denke, dass diese Auswahl und Vielfalt wichtiger sind, als dass eine einzige Suchmaschine “die beste” ist. Tatsächlich denke ich, dass die Dominanz einer bestimmten Suchmaschine im Moment das größte Problem in diesem Bereich ist. Marktdominanz und mangelnder Wettbewerb sind weder für den Datenschutz noch für Innovationen gut. Daher freue ich mich immer, wenn sich neue und interessante Suchmaschinen weiterverbreiten.
“Im Einsatz für den Datenschutz” ist eine Interview-Reihe mit Datenschutz-Experten aus aller Welt. Ziel ist es, das Thema Datenschutz und Privatsphäre aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Unsere Interviewpartner*innen erzählen, was sie tun, um ihre persönlichen Daten schützen und geben Empfehlungen für alle, denen der Schutz ihrer Privatsphäre wichtig ist. Wenn ihr jemanden kennt, den wir interviewen sollten, schickt uns eure Vorschläge an: [email protected]
Die in diesem Interview geäußerten Ansichten sind die unseres Interviewpartners und spiegeln nicht unbedingt die von Startpage wider.