So bleibst du im Internet anonym
Warum ist Anonymität im Internet eigentlich so wichtig?
Es gibt viele Gründe, warum man bestimmte Aktivitäten, Interessen und Unterhaltungen online privat halten möchten. Die Antwort auf die Frage ist also sehr persönlich und fällt für jede Person anders aus. Die Electronic Frontier Foundation (EFF), eine der führenden Organisationen, wenn es um dem Schutz der digitalen Privatsphäre und freien Meinungsäußerung geht, beschreibt einige Gründe, warum viele Menschen sich dafür entscheiden können, ihre Online-Identität und Handlungen anonym zu halten:
„Viele Menschen wollen nicht, dass die Dinge, die sie online sagen, mit ihrer Offline-Identität in Verbindung gebracht werden. Vielleicht machen sie sich Sorgen um politische oder wirtschaftliche Vergeltung, Belästigung oder sogar Bedrohungen für das eigene Leben. Whistleblower berichten über Nachrichten, die Unternehmen und Regierungen lieber unterdrücken würden; Menschenrechtsaktivisten kämpfen gegen repressive Regierungen; Eltern versuchen, einen sicheren Weg für Kinder zu schaffen; Opfer häuslicher Gewalt versuchen, ihr Leben neu aufzubauen, dem die Täter nicht folgen können.“
In einer Identität und den dazugehörigen persönlichen Daten steckt ein enormer Wert. Wenn du nicht anonym bist, oder deine Privatsphäre nicht ausreichend schützt, können:
- Kriminelle deine Identität stehlen.
- Große Techkonzerne dich sehr gezielt mit Werbung ansprechen.
- Regierungen und Behörden deine Aktivitäten überwachen und sie für strafrechtliche Prozesse nutzen.
Wer möchte überhaupt anonym sein?
Die Frage können wir leicht beantworten: Je mehr Menschen sich anonym im Netz bewegen, desto besser. Zu viele von uns geben unnötigerweise ihre persönlichen Daten preis – oft ohne davon zu wissen – obwohl es mehrere einfache Tools gibt, um sich vor solchen Praktiken zu schützen.
Anonym zu sein ist kein Synonym für Menschen, die als Hacker arbeiten oder Cyberkriminelle sind. Wenn wir mal darüber nachdenken, haben wir alle schon einmal eine anonyme Aktivität unternommen. Vielleicht war es das anonyme Feedback, das wir unserem Arbeitgeber gegeben haben. Oder wir waren auf einem Maskenball feiern. Oder wir haben in einem Forum ein Pseudonym kreiert und unter falschem Namen auf Beiträge kommentiert. Und dann gibt es natürlich auch Whistleblower*innen, Journalist*innen, Aktivist*innen, Schriftsteller*innen, Künstler*innen, für die Anonymität im Netz eine sehr große Rolle spielt. Als Mary Shelley’s Frankenstein zum ersten Mal veröffentlicht wurde, geschah das anonym. Und heute zählt Banksy, der seine Identität seit Jahren anonym hält, zu den bekanntesten Künstler*innen.
Anonymität vs. Privatsphäre
Gibt es einen Unterschied zwischen anonym sein und die Privatsphäre wahren? Die einfache Antwort ist: Ja!
Jack Daniel, Mitbegründer der Security BSides, fasst einen großartigen Vortrag von Blaine Burnhamsauf der Usenix 2000 wie folgt zusammen:
„Privatsphäre ist eine globale Systemeigenschaft: Das System weiß Bescheid, verrät aber nichts. Anonymität ist eine Nebenerscheinung: Das System weiß nicht Bescheid und kann daher auch nichts verraten. Das zeigt den enormen Wert der Anonymität: Wenn sie unsere Daten nicht bekommen, können sie (wer auch immer „sie“ sind) sie auch nicht verwenden.“
Tools, die dir zu mehr Privatsphäre verhelfen
Es gibt viele Ressourcen und Tools, die dir auf dem Weg zur Anonymität im Internet helfen können: von Websites wie privacytool.io und thinkprivacy.ch zuTechlore’s video “Become Anonymous: The Ultimate Guide To Privacy, Security, & Anonymity” vom YouTuber Techlore. Für den Anfang haben wir hier einige Tools zusammengefasst:
Betriebssysteme
Wahrscheinlich hast du dein Betriebssystem indirekt gewählt – basierend auf dem Gerät, welches du gekauft hast. Wenn du ein Apple MacBook besitzt, hast du wahrscheinlich macOS Big Sur. Wenn du einen PC hast, ist es wahrscheinlich Windows 10. Aber diese Beschränkung muss nicht endgültig sein. Du kannst jederzeit ein anderes Betriebssystem auf deinen Geräten (Laptop, Desktop oder Telefon) installieren, um deine Privatsphäre zu schützen.
Häufig von Datenschutzexperten empfohlen:
- Fedora
- Ubuntu
- Tails
- GrapheneOS
- LineageOS
Browser
Benutzt du auf deinen Geräten einen voreingestellten Browser wie Chrome, Safari oder Microsoft Edge? Auch hier gilt, dass du dich nicht auf diese Browser beschränken musst. Es gibt einige Browser, die sich mehr um den Schutz deiner Daten kümmern als andere und Tracker sowie Cookies von Drittanbietern einschränken.
Häufig von Datenschutzexperten empfohlen:
Weitere Informationen zu anonymen Browsern findet ihr in unserem Leitfaden.
Anonyme Suchmaschine
Alle Browser sind mit einer Standardsuchmaschine ausgestattet – das ist meist entweder Google oder Bing. Aber herkömmliche Suchmaschinen sammeln, speichern und verkaufen deine persönlichen Daten. Eine anonyme Suchmaschine hingegen verfolgt dich nicht und protokolliert auch nicht deinen gesamten Suchverlauf.
Wir empfehlen an dieser Stelle natürlich die Verwendung von Startpage. Denn Startpage liefert Google-Suchergebnisse und schützt deine persönlichen Daten: kein Suchverlauf, keine IP-Adresse und keine Tracker. Sogar die Stiftung Warentest hat uns im Suchmaschinentest zum Testsieger erklärt.
Aber macht euch ein eigenes Bild. In diesem Artikel des Datenschutzbeauftragten und ThinkPrivacy.ch-Gründers Dan Arel findet ihr einen Suchmaschinenvergleich.
Wenn du keinen verschlüsselten E-Mail-Dienst verwendest, kann deine E-Mail-Kommunikation sowohl vom Anbieter als auch von den Strafverfolgungsbehörden gelesen werden. Oh nee! Wenn du aber einen verschlüsselten E-Mail-Anbieter verwendest, haben nur du und dein*e Empfänger*in Zugriff auf den Inhalt der E-Mail. Und einige E-Mail-Dienste bieten sogar die Möglichkeit, Aliasse zu erstellen, damit du deine richtige E-Mail-Adresse nicht herausgeben müssen.
Häufig von Datenschutzexperten empfohlen:
StartMail ist unser Schwesterunternehmen, welches ebenso von unserem Mitgründer und CEO Robert E.G. Beens geführt wird. Hier ist ein Vergleich von StartMail und ProtonMail.
Messenger
Genau wie bei E-Mails sind SMS und die meisten Messaging-Apps nicht sicher. Deine Textnachrichten können von anderen abgefangen und mitgelesen werden.
Häufig von Datenschutzexperten empfohlen:
Weitere Informationen zu verschlüsselten Messenger-Alternativen finden ihr in unserem aktuellen Artikel.
Welche Tools nutzt ein Datenschutz-Berater?
Kürzlich haben wir den Datenschutz-Berater Fabian Scherer interviewt und nachgefragt, welche Tools er nutzt, um online anonym zu bleiben. Hier sind seine Empfehlungen:
- Suchmaschine: Startpage
- Videokonferenz: Jitsi
- Messenger: Signal
- Email: Thunderbird
Denke daran, dass es sich mit Privatsphäre und Anonymität wie mit dem Training verhält. Wenn man sich ein Laufband kauft, kann man nicht erwarten, dass man nur durch den Kauf allein fit wird. Man muss das Laufband auch immer wieder aufs Neue nutzen.
Welche Datenschutz-Tools verwenden ihr und wie bleibt ihr online anonym? Teilt eure Tipps und Kommentare mit uns in den sozialen Medien oder per E-Mail an: [email protected].