Im Einsatz für den Datenschutz: Simon Schmitt, Autor und Datenschutzaktivist
“Die Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013 haben mich sehr geprägt. Sie waren für mich der Ausgangspunkt, dass ich mich intensiver mit Überwachung auseinandergesetzt habe. Später begann ich dann damit – erst privat, später dann auch darüber hinaus – über Datenschutz-Themen aufzuklären und Hilfestellungen zu geben (bspw. auf meiner Website nothingtohide.de) und wurde später auch politisch aktiv und setze mich auch auf dieser Ebene für mehr Aufmerksamkeit in Datenschutz-Themen ein.”
Simon Schmitt ist Autor und Datenschutzaktivist. Sein neuestes Buch “Nothing to Hide?” ist erst kürzlich erschienen und hier erhältlich. Ihr könnt ihm hier auf Twitter folgen.
Fülle die Lücke: Privatsphäre ist _______ .
Privatsphäre ist für mich ein fundamentales Menschenrecht und besonders in einer Demokratie von großer Bedeutung und umso schützenswerter.
Warum sind dir der Schutz von persönlichen Daten wichtig? Beruflich und im Privatleben?
Persönliche Daten sind – wie der Name schon sagt – persönlich und gehören somit in erster Linie mir selbst. Ich bin der Meinung, dass man selbst entscheiden können muss, welche Informationen man teilen möchte, wie auch mit wem und welche nicht – diese Entscheidung wird uns heute leider viel zu oft abgenommen, weitgehend sogar ohne unser Wissen. Diese Entwicklung ist meines Erachtens ein ziemlich großes Problem!
Wann war dein erster Kontakt mit dem Thema Datenschutz und hast du die Nachteile von zu wenig Datenschutz schon einmal zu spüren bekommen?
Auf das Thema bin ich das erste Mal durch die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden gestoßen – das hat mich schon ziemlich für die Thematik sensibilisiert. Die Nachteile von zu wenig Datenschutz bekommt man ja immer wieder zu spüren: sei es durch Werbung, die einen regelrecht verfolgt, oder dass man dazu genötigt wird gewisse Tools zu nutzen wie Zoom, oder WhatsApp, die jeweils nicht gerade für herausragenden Datenschutz bekannt sind.
Du betreibst seit einiger Zeit den Blog „Nothing to Hide“ und bist nun gerade dabei, ein Buch zu verfassen. Worum geht es darin genau und was hat dich bewogen, dich öffentlich mit dem Thema Datenschutz zu befassen?
Auf meinem Blog wie in dem gleichnamigen Buch geht es darum, auf das Thema Datenschutz & Privatsphäre aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, warum es so wichtig ist sich damit auseinander zu setzen. Vor allem möchte ich verdeutlichen, dass der Schutz persönlicher Daten nicht schwer und kompliziert sein muss, sondern vielerorts nur wenige Schritte benötigt, um effektiv etwas zu erreichen.
In Deutschland ist das Bewusstsein für den Datenschutz schon größer als in vielen anderen Ländern. Wie empfindest du die Wahrnehmung des Themas in der breiten Öffentlichkeit? Was ist schon gut, was muss sich verbessern?
Man spürt auf jeden Fall, dass der Datenschutz in den letzten Jahren immer mehr in die öffentliche Debatte durchgedrungen ist und vielen inzwischen deutlich bewusster wird, wie wichtig dieser ist. Das ist auch gut so und ich hoffe, dass diese Entwicklung genauso weitergeht. Auf der anderen Seite werden aber auch Datenschutz und Sicherheit von der Politik gerne gegeneinander ausgespielt oder der Datenschutz als „Hindernis“ für Innovation dargestellt, was so natürlich völliger Unsinn ist – hier ist natürlich Aufklärungsarbeit auf politischer wie gesellschaftlicher Ebenen unglaublich wichtig.
Dein Engagement für den Datenschutz durch deinen Twitter-Account, deinen Blog und dein Buch machen dich als Person öffentlich identifizierbar. Warum glaubst du, ist es wichtig, doch gewissermaßen „Gesicht zu zeigen“ und gleichzeitig darauf aufmerksam zu machen, wie wertvoll persönliche Daten sind?
Mir ist es wichtig, den Menschen aufzuzeigen, wie inzwischen tagtäglich in ihre Privatsphäre eingegriffen wird und wie sie sich trotz allem im selben Atemzug davor schützen können. Dafür ist es meines Erachtens notwendig, Gesicht zu zeigen und für das Thema einzustehen. Dass ich dadurch als Privatperson identifizierbar werde, nehme ich in Kauf, denn ich kann ja trotz alledem entscheiden, was von mir ganz konkret an die Öffentlichkeit gelangt und was nicht.
Das Thema Datenschutz wird oft missverstanden. Was ist eine weit verbreitete Annahme über den Datenschutz, die du gerne ein für alle Mal aus der Welt schaffen würdest?
Datenschutz ist für viele ein Thema, das scheinbar sehr kompliziert ist, komplex und letztlich nur etwas für IT-Nerds. Das tolle beim Datenschutz ist aber – gerade heute – dass genau das Gegenteil der Fall ist und es inzwischen an vielen Stellen sehr einfach ist, sich mit wenigen Schritten effektiv vor Tracking und vor fremden Blicken zu schützen.
Was machst du konkret, um deine persönlichen Daten online und offline zu schützen? Welche Tools verwendest du täglich?
Ganz konkret: Ich nutze alternative Messenger wie Signal & Threema, ich verschlüssele weitgehend meine E-Mails bei einem sicheren Mail-Anbieter. Auch der Speicher meines Computers ist bei mir vollständig verschlüsselt, damit nur ich auf meine Daten Zugriff habe und ich nutze einen seriösen & sicheren VPN-Anbieter. Darüber hinaus nutze ich zum täglichen Surfen den Firefox Browser und selbstverständlich Startpage als Suchmaschine.
Welche Personen oder Organisationen haben dich ermutigt und/oder inspiriert, deine persönlichen Daten zu schützen?
Wie bereits zu Beginn erwähnt, war der Whistleblower Edward Snowden für mich eine ganz zentrale Figur, die ein völliges Umdenken bei mir ausgelöst hat. Er wusste ganz genau, dass seine Enthüllungen sein persönliches Leben völlig auf den Kopf stellen würden und nichts mehr so sein wird wie zuvor. Trotzdem ist er diesen Schritt gegangen, weil es ihm nicht um sich selbst, sondern um die Sache ging und das beeindruckt mich bis heute und ermutigt mich auch, ebenfalls immer weiter für Datenschutz und Privatsphäre einzustehen und aufzuklären und bei der Umsetzung Hilfestellung zu geben.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Immer häufiger kommt es zu Datenlecks und lauteren Rufen nach datenschutzkonformen Produkten. Wie schätzt du die Entwicklung ein, wird der Anteil an datenschutzkonformen Dienstleistungen, Apps und Produkten in den nächsten 5-10 Jahren steigen?
Man sieht ja bereits heute eine positive Entwicklung: gesellschaftlich steigt die Nachfrage nach datenschutzkonformen Diensten und Produkten immer mehr. Demzufolge sind viele Angebote im Netz immer häufiger Privacy-by-Design – sprich, der Datenschutz spielt häufig eine immer zentralere Rolle. Auch wenn man das für die Zukunft meines Erachtens schwer einschätzen kann, so glaube ich trotzdem dass sich dieser Trend auch in Zukunft weiter fortsetzen wird.
“Im Einsatz für den Datenschutz” ist eine Interview-Reihe mit Datenschutz-Experten aus aller Welt. Ziel ist es, das Thema Datenschutz und Privatsphäre aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Unsere Interviewpartner*innen erzählen, was sie tun, um ihre persönlichen Daten schützen und geben Empfehlungen für alle, denen der Schutz ihrer Privatsphäre wichtig ist. Wenn ihr jemanden kennt, den wir interviewen sollten, schickt uns eure Vorschläge an: [email protected]
Die in diesem Interview geäußerten Ansichten sind die unseres Interviewpartners und spiegeln nicht unbedingt die von Startpage wider.